Plenarrede am 23.05.24 zum Antrag der Linken „Berlins Krankenhauslandschaft für die Zukunft entwickeln“

„Lieber Tobi Schulze, eurem Antrag würde ich gern symbolisch den roten Teppich ausrollen.

Nicht nur, weil wir Grünen inhaltlich voll dahinter stehen, sondern weil es mir die Gelegenheit gibt, darauf hinzuweisen, dass die Krankenhausreform nicht per se schlecht ist. Sie gibt uns die Möglichkeit – gemeinsam mit Brandenburg – Versorgung neu zu ordnen. Und das auch über die vielfach verfluchten Sektorengrenzen – hinweg. Dafür muss endlich Verantwortung übernommen werden, es müssen Entscheidungen getroffen werden – das pausenlose Zuständigkeitsbashing muss ein Ende finden!

Liebe Ina Czyborra – gestern nachmittag hatten Sie eine erste Sitzung des KH-Beirats, in der Sie selbst erkannt haben, dass Sie nicht mit allem auf den Bund warten können. Bitte nehmen Sie jetzt endlich das Heft in die Hand!

Wir brauchen jetzt eine strategische Planung, das heißt, zusammen mit Brandenburg eine bedarfsgerechte Schablone zu entwickeln, auf Basis bereits vorhandener Versorgungs- und Gesundheitsdaten. Diese Schablone müssen wir über unsere Stadt legen und unsere schon in vielen Teilen hervorragende Versorgung geschickt verzahnen und digitalisieren. Dafür gilt es, entschlossen und regelhaft Vernetzung und Kooperation zu fördern. Nicht nur modellhaft, sondern als Normalfall.

Wir müssen in eine aktiv gestaltende Krankenhausplanung kommen, die erstens knappe Investitionsmittel sinnvoll einsetzt und zweitens den Herausforderungen der Demografie Rechnung trägt. Dafür braucht es auch neue Wege und Instrumente in der Investitionsplanung. Beispiele hierfür werden ja im Antrag genannt, Sie müssen sich nur trauen…Herr Evers.

Zentrales Ziel der Reform muss das Wohl der Patient*innen sein. Es muss schlicht möglich sein, angemessen Zeit für diese zu haben. Es handelt sich eben nicht um „Fallzahlen“, sondern um uns – um Menschen. Dazu können auch gerade kleine Häuser mit integrierten Versorgungsformen einen bedeutenden Beitrag leisten: Patient*innenzentriert und wohnortnah!

Und: eine solche Krankenhausplanung muss auch die psychiatrische Versorgung weiterentwickeln, denken wir beispielsweise an die Notfallversorgung und die somatische Versorgung psychisch Erkrankter.

Nicht zuletzt müssen bei ohnehin anstehenden Sanierungen ressourcenschonende und klimafreundliche Umbaumöglichkeiten hin zu Green Hospitals gefördert werden.

All diese Themen greifen ineinander. Eine Betrachtung einzelner Punkte für sich allein, bedeutet, später über genau diese zu stolpern. Ich weiß, liebe Koalition, es hängt Ihnen sicherlich zu den Ohren heraus – ich wünschte auch, ich müsste ihn nicht schon wieder aufs Tableau bringen: Den Gesundheitscampus Wenckebach – als Beispiel für die dringend benötigte Transformation der Berliner Krankenhauslandschaft. Denn vielen Häusern stehen Umwandlungsprozesse bevor, viele stehen vor den Herausforderungen von Investitionsstau und immensem Sanierungsbedarf. Am Beispiel des Wenckebachs können wir durchexerzieren, wie ganz im Sinne der Gesundheitsstadt 2030 Kooperation, Digitalisierung und Ausbildung auf einem gemeinsamen Pflegecampus von Vivantes und Charité gelingt.

Noch in der letzten Koalition wurde die Entscheidung zu diesem Campus getroffen und hat es auch in den schwarz-roten Koalitionsvertrag geschafft. Die Freude groß, die Ernüchterung auch: Die Finanzverwaltung hat kein Geld dafür hinterlegt. Vivantes ist hier handlungsunfähig und der Senat versteckt sich.

Doch statt Abwarten und Tee trinken: priorisieren Sie bitte jetzt dieses Projekt, geben Sie die nötigen Mittel frei und setzen sie die vorhandenen Pläne um – die letztlich alle Themen berühren, die exemplarisch für unsere Berliner Krankenhauslandschaft stehen. Wer diese Chance nicht nutzt, verschenkt die Gelegenheit die Daseinsvorsorge der Berliner*innen entscheidend mitzugestalten.

Nun heißt es also: aus dem Quark kommen! Und das im Übrigen auch vor dem Hintergrund der Abwendung einer Klage der Freigemeinnützigen, die sonst vor den Europäischen Gerichtshof wandert. Berlin kann es sich nicht leisten, Geld im Abgrund zu versenken, bei dem nicht klar ist, wie tief dieser ist und was das bisherige Nichthandeln und Aussitzen bedeuten kann.

Also, lassen Sie uns die Reform bei den Hörnern packen.

Ich freue mich auf die Beratung im Ausschuss.

Vielen Dank.“

Hier gibt’s die Rede als Pdf