„Um zu demonstrieren, wie viele Briefe ich in den vergangenen Wochen von Psychotherapeutinnen erhalten habe, hätte ich einen Aktenschrank hier in den Plenarsaal schieben müssen…Wieso das?
Die Novellierung des Heilberufekammergesetzes ist angezeigt, um das Gesetz der aktuellen Rechtsentwicklung anzupassen. Zum Beispiel im Hinblick auf neue Berufsbezeichnungen im Rahmen des Psychotherapeut*innengesetzes.
Aber: das Gesetz regelt eben auch die Versorgungseinrichtungen der fünf Kammern für akademische Heilberufe im Land Berlin. Die Psychotherapeut*innenkammer hat schon früh im Prozess darauf hingewiesen, dass sie im Gegensatz zu den anderen berufsständischen Kammern im Gesetz benachteiligt ist – da sie kein eigenes Versorgungswerk errichten können. Damit haben sie bei uns Grünen natürlich offene Türen eingerannt.
Die Stellungnahme wurde aber zunächst nicht berücksichtigt und mit gutem Recht laufen die Psychotherapeut*innen seitdem Sturm, indem sie uns gewählte Parlamentarier*innen mit Anschreiben fluten.
Dass wir einerseits feststellen, dass der Bedarf an Psychotherapie stetig steigt und andererseits eine Situation haben, die das Berufsbild im Vergleich zu anderen akademischen Heilberufen benachteiligt, ist nicht nachvollziehbar. Denn nur mit einer Stärkung von Berufsbildern können wir dem Fachkräftemangel auch in diesem Bereich etwas entgegensetzen, meine Damen und Herren!
Wieso ist das Wegfallen der Stichtagsregelung wichtig? Viele Psychotherapeut*innen arbeiten selbstständig und fallen daher nicht unter die gesetzliche Versicherungspflicht nach Paragraph 1 und 2 SGB VI. Ein berufsständisches Versorgungswerk würde diese Lücke schließen.
Und das, meine Damen und Herren, ist in erster Linie ein Gleichstellungsthema! Denn über 60 Prozent in der Berliner Kammer sind schon jetzt Frauen, deren Anteil auch weiter wächst.
Es gibt keinen Grund zu sagen: Ärztinnen, Tierärztinnen, Zahnärztinnen und Apothekerinnen hätten mehr Anrecht auf eine geregelte Rentenvorsorge als Psychotherapeut*innen. Psychotherapie ist genauso ein Heilberuf, wie die anderen genannten Berufsgruppen – unabhängig vom Datum ihrer Gründung. Das sehen wir hier hoffentlich alle gleich.
Berlin ist mit der alten Regelung bundesweit eine Ausnahme, das Versorgungswerk ist überdies eigenverwaltet und eigenfinanziert und damit keine Belastung für den Landeshaushalt. Die Streichung des Paragraphen wurde leider trotzdem lange blockiert. Gute Argumente für diese Blockade gibt es nicht und das macht ja auch der Gesetzesentwurf in der Begründung seiner ursprünglichen Fassung deutlich.
Umso mehr freue ich mich, dass jetzt auch die SPD zur Vernunft gekommen und mit einem Änderungsantrag der Weg frei ist, so dass auch die fünfte Heilberufekammer künftig ein Versorgungswerk initiieren kann. Diese lange Zitterpartie hätten wir den Therapeut*innen aber ersparen können – vielen Dank an sie für ihren Einsatz, der sich nun endlich gelohnt hat!
Natürlich stehen wir Grünen und Linken Gleichstellungs- und Gerechtigkeitsfortschritten nicht entgegen und haben der Gesetzesnovelle nebst Änderungsantrag bereits im Ausschuss zugestimmt. Und werden das auch hier im Plenum tun.
Vielen Dank!“
Hier gibt’s die Rede als PDF