Die Rede im Wortlaut
Catherina Pieroth (GRÜNE):
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die HPV-Impfung wirkt wie ein unsichtbarer Schutzschild, den wir unseren Kindern schon früh anlegen können – noch bevor sie überhaupt wissen, welchen Risiken sie einmal begegnen. Ihr Anliegen, die Quoten bei der HPV-Impfung zu steigern, ist richtig und verdient Unterstützung, Herr Zander.
Denn die Zahlen sprechen für sich: 2024 lag die Impfquote bundesweit nur bei knapp 50 Prozent der 15-jährigen Mädchen und bei 30 Prozent der Jungen. Zum Vergleich: Laut WHO-Empfehlung sollen bis 2030 mehr als 90 Prozent der Kinder und Jugendlichen vor ihrem 15. Geburtstag gegen HPV geimpft sein. Dabei stehen seit 2006 hoch wirksame Impfstoffe gegen dieses hartnäckige Virus, das verschiedene Krebsarten hervorrufen kann, zur Verfügung, wie Herr Zander gerade richtig gesagt hat.
Dank Schulimpfprogrammen und gezielten Aktionen erreichen Städte wie London, Stockholm und Oslo Impfquoten von 90 Prozent und mehr. Deutschland liegt leider nur im unteren Mittelfeld: auf Platz 19. Die Impfquote in Berlin lag im Jahr 2024 sogar unter dem Bundesdurchschnitt. Es ist also allerhöchste Zeit, hier endlich nachzuziehen.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]
Eine hohe Impfquote kann dazu beitragen, dass Krebserkrankungen, die auf HPV zurückzuführen sind, im Erwachsenenalter nahezu verschwinden. Worauf warten wir also?
Lieber Christian Zander! Sie sehen: Ich schätze Ihr Engagement. Aus meiner Sicht sind Sie einer der fortschrittlicheren Köpfe Ihrer Fraktion.
[Zuruf von der CDU: Was? – Heiterkeit bei der CDU]
Lassen Sie uns Ihren Antrag aber einmal ein bisschen genauer anschauen. Sie fordern den Senat dazu auf, Maßnahmen zu prüfen, Gespräche zu führen und vor allem zu eruieren, wie verbindliche HPV-Impfungen umgesetzt werden können. Warum nutzen Sie dazu nicht den Runden Tisch Kindergesundheit, ein weiteres Gremium, das Ihre Koalition ins Leben gerufen hat, das nach meiner Kenntnis aber leider selten bis nie tagt? – Hier wäre der Ort, sich zu vernetzen und Strukturen festzulegen, um diese wichtige Impfung unter die Leute zu bringen.
[Beifall bei den GRÜNEN – Beifall von Carsten Schatz (LINKE)]
Auch verlieren Sie kein Wort darüber, bis wann der Senat konkret etwas umsetzen soll. Dabei geben die WHO und die EU doch das konkrete Ziel bis 2030 vor. Ihr Anstoß ist richtig. Sie sind noch gut 10 Monate an der Regierung, also endlich mal ab mit dem Ball ins Tor!
[Zuruf von Heiko Melzer (CDU)]
Wir brauchen Beratungsangebote zu dieser wichtigen Impfung an allen Berliner Schulen, Jugendeinrichtungen, Familien- und Gesundheitszentren. In den aktuellen Haushaltsberatungen kürzen Sie aber genau hier: bei den Gesundheits- und Familienplanungszentren, Kontakt- und Beratungsstellen, Präventionsinitiativen und Jugendgesundheitsdiensten – eben genau dort, wo die HPV-Impfung und die Beratung dazu stattfinden.
Das trifft zum Beispiel das BALANCE Familienplanungszentrum, das seit fast 40 Jahren Berlinerinnen und Berliner zu sexueller Gesundheit aufklärt und versorgt. Sicher haben auch Sie in diesen Tagen deren Hilferuf erhalten: Das Zentrum muss, wenn es im Hauptausschuss keine Lösung gibt, gegebenenfalls im Januar schließen. Das nenne ich Chuzpe, Herr Zander: Sie kommen jetzt mit diesem Antrag für mehr Beratung und streichen gleichzeitig die Beratungsstellen.
Jetzt setze ich auf Sie, Frau Czyborra, Frau Haußdörfer und Frau König. Ich setze auf die SPD-Frauen. Bitte korrigieren Sie Ihre Pläne in den nächsten Wochen und lassen Sie uns für ausreichend Gesundheitsberatung sorgen, damit wir gemeinsam an der Seite der Berliner Jugendlichen und ihrer Familien stehen. – Vielen Dank!
[Beifall bei den GRÜNEN – Vereinzelter Beifall bei der LINKEN]