Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vorab möchte ich mein tiefstes Bedauern über den Tod von Jenny De la Torre ausdrücken. Sie wird uns sehr fehlen, und wir müssen alles daransetzen, dass ihre so wichtige Arbeit für Obdachlose fortgesetzt wird.
Liebe Koalition! Dieser Antrag kann sich nur an Instagram-Follower richten, denn mit echtem politischem Handeln und der Realität von Kindern und Jugendlichen in Berlin hat er nichts zu tun. Wenn Ihnen die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen tatsächlich wichtig wäre, dann müssten Sie Ihre Untätigkeit nicht hinter diesem neuen Beraterpöstchen verstecken, und dann würden Sie einfach mal unsere vorhandenen Strukturen ernst nehmen, denn wir haben bereits zahlreiche Gremien. Diese müssen aber auch gehört werden. Wir haben einen Runden Tisch Kindergesundheit. Wir haben den Landesbeirat für psychische Gesundheit. Wir haben die UAG Kinder- und Jugendpsychiatrie. Wir haben regelmäßige Treffen der Kinder- und Jugendpsychiatrischen Dienste, und wir haben zahlreiche Fachdialoge. Da frage ich mich: Wann werden diese endlich effektiv genutzt?
Zudem, liebe Bettina König, bringen Sie hier einiges durcheinander. Erstens: Sie greifen zum falschen Instrument. § 35 SGB IX ist vorrangig für Menschen mit Behinderung im Rahmen der Eingliederungshilfe gedacht. Zweitens: Dieser Paragraf ist eine Kannvorschrift ohne Verpflichtung und vor allem ohne definierte Zuständigkeiten, erst recht nicht im Kontext der im SGB VIII geregelten Jugendhilfe, um die es geht, was Sie eben richtig benannt haben. Drittens: Ihr Antrag ignoriert, dass die psychische Gesundheit von Kindern und Jugendlichen keine ärztliche Einzelfallfrage ist, sondern im Lebenskontext zu sehen ist. Außerdem frage ich mich, und das ist vielleicht die dringendste Frage: Wie werden die Blockaden zwischen Jugendhilfe, Gesundheitssystem und Schule aufgelöst.
Auch wir sind ganz klar für ein Zusammenbinden von drei Verwaltungen. Das wird aber nicht mit einem neuen Ehrenamtspöstchen geschaffen. Es ist ganz richtig, dass aus diesem Grunde eine Beauftragung von SenBJF erfolgen muss und so die drei Verwaltungen endlich in Kommunikation zusammentreten. Aber dass ein ehrenamtlicher Landesarzt stemmen soll, was hier in dieser Stadt nicht stattfindet, finde ich schwierig.
Noch eine Frage also – es wird hier deutlich, wohinter Sie sich mit diesem erneuten Pseudovorschlag eigentlich verstecken –: Wo ist Ihr Plan für mehr Therapieplätze, mehr Schulsozialarbeit, mehr Prävention für Kinder und Jugendliche? Wir brauchen multiprofessionelle Teams, Sie haben es eben selbst gesagt, Frau König, frühe Hilfen und verlässliche Ansprechstellen für Schulen und Kitas, die auch die mentale Gesundheit im Blick haben, denn anstatt dieser Ehrenamtsstelle brauchen wir einen ernsthaften ressortübergreifenden Fahrplan für die psychische Gesundheit junger Menschen, einen Fahrplan, der präventive und psychosoziale Beratung mitdenkt, das heißt mehr Raum und Ansprechbarkeit für Kinder und Jugendliche ermöglicht. Wenn Sie das mit der Unterstützung von Kindern und Jugendlichen also ernst nehmen, dann zeigen Sie das auch, zum Beispiel mit einer ausreichenden Finanzierung unserer erfahrenen Träger im nächsten Doppelhaushalt, denn unsere Träger sind es, die Kinder und Jugendliche bei Ess- und Angststörungen begleiten, die Suchterkrankungen vorbeugen und die leider auch bei Kindern häufiger werdende Suizidgedanken hören! Machen Sie also endlich Schluss mit der alle zwei Jahre wiederkehrenden Abhängigkeit von Zuwendungen!
Was unsere Träger, Patienten und Patientinnen und unser Fachpersonal brauchen, ist das Psychiatriebudget. Wir brauchen auch mehr Psychotherapeuten und -therapeutinnen, und was wir vor allem brauchen, ist Kommunikation und verlässliche Koordination zwischen SenWGP und SenBJF. Kurzum, eine ehrenamtliche Landesärztin oder ein ehrenamtlicher Landesarzt kann aus ihrer oder seiner medizinischen Perspektive beraten und beraten, aber ohne Einfluss auf die politische Umsetzung und einen systemischen Blick bleibt auch sie oder er machtlos.
Lassen Sie uns über diesen unfertigen Antrag auch wieder im nächsten Gesundheitsausschuss sprechen, SenBJF hinzuladen und tatsächliche Lösungen erarbeiten! Damit können Sie dann auch gern auf Instagram werben. – Danke!