Plenarrede am 05.12.2024 zum Antrag der Grünen Fraktion „Berliner*innen besser vor ernährungsbedingten Erkrankungen schützen – Bundesratsinitiative für eine Herstellerabgabe auf zuckerhaltige Getränke“

„Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Da es in dem Antrag um Kindergesundheit geht, würde ich mich freuen, wenn die Senatorin oder die Staatssekretärin auch zuhört. Wollen wir warten?

Vielen Dank! – Stellen wir uns einmal vor, es ist das Jahr 2020, Pandemiezeit. Ein Sechsjähriger, seit ein paar Monaten eingeschult – Homeschooling, Abstandsregeln.
Seine Ängste kompensiert der Junge mit Süßigkeiten vor dem heimischen Fernseher.
Ernährung entscheidet über Lebensaussichten. Wir müssen endlich etwas tun.

Viele Studien bestätigen: Vor allem Kinder und Jugendliche haben in den vergangenen
Jahren sehr gelitten; Essstörungen, Depressionen – alles angestiegen. Und wer könnte das nicht verstehen? Kleine Zucker-Dopamin-Hits lösen kurzzeitig ein Wohlgefühl aus, denn Zucker aktiviert unser Belohnungssystem. Aber unsere Kinder beißen damit sprichwörtlich in den sauren Apfel. Bei fünf- bis neunjährigen Jungs sind die Adipositaszahlen um 15 Prozent gestiegen. Mädchen haben nun 23 Prozent mehr diagnostizierte Depressionen. Besonders fatal: Es sind vor allem Kinder und Jugendliche aus finanzschwächeren Haushalten, deren Risiko zu erkranken wesentlich höher ist.

Für uns Grüne ist klar: Das ist nicht akzeptabel. Wir dürfen Kinder, Jugendliche und ihre Eltern mit den Problemen nicht allein lassen.

Es ist hinlänglich bekannt, Zucker ist auch ein Risikofaktor für Diabetes Typ 2, Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Gicht bis hin zu lebenslangen Zahnproblemen. Dabei wird ein Großteil des Zuckers über gesüßte Getränke, also Softdrinks, aufgenommen. Ungesunde Ernährung kostet unser Gesundheitssystem in Deutschland jährlich 16,8 Millionen Euro. Nur mal so zum Vergleich: Das ist fünfeinhalb Mal so viel, wie die aktuelle Haushaltslücke für 2025 in Berlin beträgt. Das ist doch Wahnsinn!

Wir haben die Wahl – teure Folgen oder kluge Vorsorge. Darüber sollten Sie nicht zweimal nachdenken. Nur über eine gestaffelte Herstellerabgabe auf gesüßte Getränke, kurz Zuckersteuer, kann der Bund laut einer Studie der TU München allein 4 Milliarden Euro Gesundheitskosten in den nächsten Jahren einsparen. Wird die Verantwortung richtig, nämlich auf die Herstellenden verteilt, gibt es Geld obendrauf. Das ist doch Jackpot! Auch mal schön an so einem Tag. Lassen wir die Verursachenden doch zahlen, denn niemand profitiert so viel wie sie! Wer mitverdient, trägt auch Mitverantwortung; so einfach ist das.

Das ist Geld, das wir in Beratungen von Kitas, Schulen und Sportvereinen stecken können, um damit die Gesundheitskompetenz der Familien zu stärken. Alles, was Sie tun müssen, liebe Koalition – lasst uns diese Übergangszeit konstruktiv nutzen! –, ist, eine Bundesratsinitiative zu starten. Liebe SPD – deswegen bin ich jetzt auch froh, dass Ina Czyborra da ist –, kürzlich auf eurem Landesparteitag habt ihr euch doch klar pro Zuckersteuer positioniert. Jetzt könnt ihr hier als Fraktion noch einmal zeigen, wie ernst es euch ist mit der Kindergesundheit. Denn Gesundheit darf nicht vom Geldbeutel abhängen. Nichtstun und sich nicht zu positionieren, bedeutet bei dem Sechsjährigen, der in Umständen lebt, für die er nichts kann, ihn allein zu lassen. Lasst uns also gemeinsam allen Kindern und Jugendlichen eine gute Entwicklung ermöglichen und sie nicht die Suppe allein auslöffeln lassen, die sie nicht gekocht haben.

Vielen Dank!“