Gute Nachrichten für die Berliner Suchthilfe: Mit dem Nachtragshaushaltsgesetz erhalten Einrichtungen der Suchthilfe- und prävention Zuschüsse in Höhe einer knappen Million. Mit den Zuschüssen können Einrichtungen ihre Angebote erweitern, um beispielsweise die Öffnungszeiten zu verlängern, aber auch, um Umzüge aufgrund von Mietsteigerungen finanzieren zu können. Das ist ein wichtiger Schritt, denn der Hilfebedarf steigt!
Isolation, Einsamkeit und Existenzsorgen zeichnen diese Krise und stellen gepaart mit fehlenden Bewältigungsstrategien eine gefährliche Kombination dar. Denn vergangene Krisen und pandemische Lagen haben gezeigt, dass große psychosoziale Herausforderungen und Stressoren nicht selten zu Suchterkrankungen geführt, und Rückfälle bei bereits suchterkrankten Menschen begünstigt haben. Dabei ist bei stoffgebundenen Abhängigkeiten (beispielsweise Alkohol-, Medikamente- und Drogenabhängigkeit) eine ähnliche Erkrankungsentwicklung wie bei stoffungebundenen Süchten (Verhaltenssüchte wie beispielsweise die Online- und Spielsucht) zu verzeichnen.
So gaben Teilnehmer*innen bei einer anonymen Onlinebefragung des Zentralinstituts für seelische Gesundheit Mannheim (ZI) und des Klinikums Nürnberg an, während des Corona-Lockdowns im Frühjahr mehr Alkohol (37 Prozent) und Tabak (40 Prozent) konsumiert zu haben. Aus dem Jahresbericht der Drogenbeauftragten der Bundesregierung, Daniela Ludwig, geht zudem hervor, dass neben Cannabis, Kokain und synthetischen Drogen auch deutlich mehr Medien und Glücksspiele konsumiert werden.
Stoffungebundene Süchte nehmen zu
Gaming & Social Media – Suchtpotential steigt
Laut einer laufenden DAK-Studie zur Nutzung von Gaming und Social-Media in Zeiten von Corona zeigen rund 700.000 Kinder und Jugendliche ein riskantes oder pathologisches Gaming-Verhalten. Im Vergleich zum Herbst 2019 haben die Spielzeiten unter dem Lockdown um bis zu 75 Prozent zugenommen. Ein pathologisches Konsumverhalten von Social-Media lässt sich bislang bei rund 170.000 Kindern und Jugendlichen nachweisen.
Online-Glücksspiele
Der illegale Markt der Online-Glücksspiele ist in den letzten Jahren enorm gewachsen. So wird die Zahl der Menschen mit pathologischem Glücksspielverhalten von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) auf eine halbe Million geschätzt. Mit dem neuen Staatsvertrag zur Neuregulierung des Glücksspielwesens (GlüStV 2021) soll das Online-Glücksspiel ab Mitte des Jahres 2021 in ganz Deutschland legal werden. Die Devise ist – „kontrollierbares Zocken“ statt Verbotspolitik. Im Vordergrund stehen dabei vor allem der Jugendschutz sowie der Schutz von suchtgefährdeten Menschen. So soll jede*r Spieler*in u.a. ein Spielkonto erhalten, welches von einer Aufsichtsbehörde kontrolliert und überwacht wird und mit einem Einzahlungslimit von 1000 Euro monatlich begrenzt ist. Doch die neuen Regelungen sind umstritten. Zum einen besteht die Gefahr, dass durch eine unlimitierte Vergabe von Lizenzen an Anbietern von Online-Glücksspielen der Wettbewerb und die Konkurrenz um Spieler*innen zulasten des Spielerschutzes enorm zunimmt. Zum anderen können Spieler*innen jederzeit auf das Glücksspiel zugreifen, ohne das Haus dafür verlassen zu müssen – gerade in diesen Zeiten ist das nicht ungefährlich.
Hilfe- und Unterstützungssysteme stärken!
Während des Lockdowns und einem Arbeitsalltag im Homeoffice werden Hemmschwellen niedriger, was stoffgebundene Abhängigkeiten und stoffungebundene Süchte begünstigen kann. Umso wichtiger ist es, dass wir unser starkes Hilfe- und Unterstützungssystem in Berlin aufrechterhalten und weiter daran arbeiten, dass der Zugang zur Suchthilfe – und prävention für Betroffene leichter wird. Bestehende Angebote, wie der Berliner Krisendienst, der Drogennotdienst und das Café Beispiellos-, das Hilfe und Unterstützung für Menschen mit Glücksspielsuchtproblemen anbietet, sind wichtiger denn je, müssen ausgebaut und gestärkt werden!
- Alkohol und Rauchen: Die COVID-19-Pandemie als idealer Nährboden für Süchte
- Online-Befragung des Klinikums Nürnberg und des ZI Mannheim zum Konsumverhalten während des Shutdowns
- Glücksspielverhalten und Glücksspielsucht in Deutschland
- Macht Corona süchtiger?
- DAK-Studie: Gaming, Social-Media & Corona
- Neuer Bericht der Drogenbeauftragten Daniela Ludwig
- Berliner Krisendienst
- Drogennotdienst
- Café Beispiellos